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MEMS-basierte Taktgeber

Die quarzlose Alternative

Seit Jahrzehnten sorgen quarzbasierte Oszillatoren als Taktgeber für stabile Frequenzen und für viele Anwendungen gelten sie immer noch als das Optimum. Vor etwas mehr als zehn Jahren kam mit den mikroelektromechanischen Systemen (MEMS) eine Alternative auf den Markt, bei der anstelle des Quarzes ein MEMS-Resonator eingesetzt wird. Seitdem gewinnt die neue Technologie der MEMS-basierten Oszillatoren immer mehr an Bedeutung. Doch was steckt im Gehäuse der quarzlosen Alternative und welche Vorteile kann sie bieten?

MEMS-Resonatoren von Microchip

Technische Grundlagen

Die MEMS-Resonator-Produkte von Microchip gingen aus Forschungen an der University of Michigan hervor. Die Arbeiten gehörten zu den ersten, in denen die vorhandene MEMS-Resonator-Technologie für echte Funk- und Zeitgeber-Anwendungen nutzbar gemacht wurde. Das Microchip-Resonator-Design wird als FFS-Resonator (Free-Free Beam Short Support) bezeichnet, der eine Iteration des an der University of Michigan entwickelten „Free-Free Beam“-Resonators ist. Das in Abbildung 1 gezeigte FFS-Design verwendet kurze Ankerstützen zur Stabilisierung des Designs und besteht aus einem breiten Resonatorbalken, um die Belastbarkeit zu verbessern – ein entscheidendes Merkmal für das Oszillator-Design. Der Balken ist nur an den vier Ankerpunkten befestigt, sodass der Resonator frei beweglich bleibt. Im Vergleich zu Quarzen ist der FFS-Resonator – mit nur 50 µm x 30 µm für ein 18-MHz-Bauelement – extrem kompakt.

Um eine akkurate Frequenzausgabe zu gewährleisten, ist der MEMS-Resonator – wie sein Quarz-Pendant – auf eine sehr präzise mechanische Schwingung angewiesen. Der FFS-Resonator ist dem klassischen Beispiel eines frei gelagerten, schwingenden Balkens sehr ähnlich und tatsächlich ähnelt er einem Xylophon-Klangstab. Wie beim ­Xylophon „klingt“ der Resonator nur mit einer ganz bestimmten Frequenz, die anhand der Materialeigenschaften und der Abmaße (Länge, Breite und Dicke) ausgewählt werden kann.

Die Verwendung des MEMS-Resonators in einem Oszillator erfordert eine Umwandlung von elektrischer in mechanische Energie. Ein Oszillator mit Schwingquarz nutzt hierfür das Grundprinzip des piezoelektrischen Effektes: Wird ein elektrischer Impuls über die aufgedampften Elektroden an das Quarzplättchen (Siliciumdioxid, SiO2) gelegt, verformt sich die Kristallgitterstruktur. Dies wiederum hat eine Ladungsverschiebung zur Folge, die ihrerseits ein elektrisches Signal (Spannung) bewirkt. Verstärkt durch einen Inverter (Rückkopplung) fängt der Quarz unter bestimmten Bedingungen an, auf seiner Resonanzfrequenz zu schwingen. Die Frequenz wird dabei maßgeblich durch Größe, Dicke und Form des Quarzkristallblättchens, auch Blank genannt, sowie den Materialkonstanten bestimmt.

Abb. 3: Aufbau eines traditionellen Quarzoszillators (links), Aufbau eines MEMS-basierten Oszillators (rechts)

Der Resonator eines MEMS-basierten Oszillators besteht aus Polysilizium, das im Gegensatz zu Quarz nicht piezoelektrisch ist. Der Resonator basiert auf einer mechanischen Struktur, die im speziellen Halbleiterprozess auf einem Silizium-Wafer hergestellt wird. Die Seitenwände der MEMS-Resonatorstruktur bilden eine Kapazität gegenüber den äußeren feststehenden Elektroden. Durch ein elektrisches Feld wird die Resonatorstruktur zum Schwingen angeregt. MEMS-Oszillatoren arbeiten immer mit einer indirekten Frequenzerzeugung. Dazu verfügt der Oszillator-ASIC über eine programmierbare PLL, die Ausgangsfrequenzen beispielsweise im Bereich von 1 MHz bis 150 MHz bei einer Schrittweite von typischerweise 100 Hz generiert.

Die MEMS-basierten Oszillatoren bestehen aus dem winzigen MEMS-Resonatorchip, der auf eine CMOS-ASIC gesetzt wird und drahtgebondet ist. Nach dem Kunststoffspritzgießen, Markieren und Prüfen wird das Endprodukt in ein Kunststoff-VDFN-Package eingesetzt. Das Gehäuse des Oszillators spielt auch bei der MEMS-basierten Variante eine entscheidende Rolle. Um Isolierung und Schutz zu gewährleisten, hat man bei Quarzresonatoren in der Vergangenheit auf hermetisch dichte Metall- und/oder Keramikgehäuse gesetzt. Bei MEMS-Resonatoren, die zur Erzielung hoher Qualitätsfaktoren ein Vakuumgehäuse auf Waferebene benötigen, kann der Verschluss- und Versiegelungsprozess direkt in den Fertigungsprozess integriert werden. Dies senkt nicht nur die Kosten, sondern erhöht zugleich die Zuverlässigkeit. Das entstandene Wafer-Level-Package kann in einer Vielzahl von IC-Gehäusen, von Keramik über die gesamte Palette von Spritzgussgehäusen bis hin zu ­Chip-Scale-Packages, verwendet ­werden.

Abb. 4: Schematische Darstellung eines MEMS-Oszillators

Praktischer Aufbau

In Abbildung 5 ist ein typisches MEMS-Blockschaltbild, hier am Beispiel des Microchip DSC2xxx, beschrieben. Der MEMS-Oszillator besteht aus dem MEMS-Resonator auf der linken Seite, der mit der CMOS-ASIC auf der rechten Seite verbunden ist. Der Resonatorchip ist mit den drei ASIC-Schnittstellen res1, res_agnd und res2 verbunden. Durch die Kombination von Resonator und Referenzoszillatorblock (REF OSC) entsteht ein Oszillator, dessen Frequenz, ähnlich wie bei einem Quarzoszillator, vom Resonator gesteuert wird. Die Resonanzfrequenz des in diesem Produkt verwendeten Resonators und des Referenzoszillatorausgangs beträgt etwa 18 MHz. Der Referenzoszillator treibt einen Phasenregelkreis (PLL) an, der die Frequenz an den gewünschten Oszillator oder Taktausgang überträgt. Die Auflösung der Ausgangsfrequenz ist sehr fein, in der Regel 100 Hz oder weniger. Der PLL steuert zwei programmierbare Teilerketten (÷M1, ÷M2) und zwei programmierbare Puffer (DRIVERS). CMOS, LVDS, LVPECL und HCSL sind hier abfragbar. Ein einmal beschreibbarer, programmierbarer nichtflüchtiger Speicher (OTP) auf dem Chip und ein Kreuzschienenschalter sind entscheidend für die Flexibilität des Produkts. Hier werden PLL- und Teilerwerte (für die Einstellung der Ausgabefrequenz) gespeichert sowie weitere Einstellungen wie Temperaturkalibrierung, Wahl des Ausgabeprotokolls, Steuerung der Anstiegs- und Abfallzeit, Aktivierung des Pin-Pull-up/-down und vieles mehr.

Abb. 5: Blockschaltbild des Microchip DSC2xxx

Der Temperatursensor (TEMP SENSOR) erzeugt eine digitale Darstellung der Chip-Temperatur, die an die PLL weitergegeben wird, um die natürlichen Spannen in der absoluten Frequenz des Resonators sowie dessen Temperaturkoeffizienten zu korrigieren. Das System wird in der Fertigung kalibriert und das Ergebnis ist eine Ausgangsfrequenz, die auf etwa 100 Hz programmierbar und über erweiterte Temperaturbereiche mit bis ±10 ppm extrem stabil ist.

Vorteile einer MEMS-Lösung

MEMS-Oszillatoren sind für die meisten Standardanwendungen problemlos geeignet. Jedoch ist zu beachten, dass sie ein vergleichsweise hohes Phasenrauschen und einen höheren Jitter ­aufweisen können. Wird die Frequenz eines Oszillators mithilfe einer PLL erzeugt, hat das Ausgangssignal meist höhere Werte für Jitter bzw. Phasenrauschen als bei direkter, ausschließlich quarzbasierter Frequenzerzeugung. Das gilt natürlich auch für die MEMS-Oszillatoren, deren Oszillator-ASIC stets PLL-basiert arbeitet. Mittlerweile kommen aber hochentwickelte ASIC/PLL-Bausteine zum Einsatz, deren Jitter-Spezifikation einen Vergleich mit anderen PLL-Oszillatoren und selbst mit quarzbasierten Oszillatoren nicht mehr scheuen muss.

Zudem können MEMS-Oszillatoren mit einer geringeren Anfälligkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen punkten und sogar dazu beitragen, elektromagnetische Störungen im System zu reduzieren. Sie bieten nämlich zwei wichtige programmierbare Merkmale, die dazu beitragen können, die durch den Oszillator verursachte elektromagnetische Störung zu verringern und zu dämpfen. Das erste Merkmal ist die programmierbare Anstiegs- und Abfallzeit. Langsamere Anstiegs- und Abfallzeiten verringern die mit der Oberschwingung jedes Taktsignals verbundene Energie, die mit elektromagnetischer Störung einhergehen. Das zweite Merkmal ist eine langsame Modulation der Taktfrequenz, die so genannte Frequenzspreizung oder Spread Spectrum. Dieses Merkmal bewirkt ebenfalls eine erhebliche Reduzierung der mit den Oberschwingungen verbundenen Energie.

Herausstechend ist die sehr hohe Vibrationsfestigkeit von bis zu 10.000g und mehr. Diese Vibrationsbeständigkeit von MEMS-Oszillatoren ist dadurch bedingt, dass die Masse eines MEMS-Resonators ungefähr 1000- bis 3000-mal niedriger ist als die Masse eines Quarzresonators. Dies bedeutet, dass eine gegebene Beschleunigung durch Schock oder Vibration bei einer MEMS-Struktur zu einer viel geringeren Kraft als bei bei einem quarzbasierten Resonator führt und daher eine viel niedrigere Frequenzverschiebung hervorgerufen wird. Die hohe mechanische Belastbarkeit ist ein wesentlicher Vorteil der MEMS-Oszillatoren. Durch diese Eigenschaft sind MEMS-Oszillatoren konstruktionsbedingt besser für Anwendungen in rauer Umgebung, mit hohen Schock- und Vibrationsbelastungen, geeignet als viele Quarzoszillatoren.

Zusammenfassend können MEMS-basierte Oszillatoren und Taktgeber von Microchip folgende Vorteile gegenüber herkömmlichen Quarzlösungen bieten: Frequenzstabilität, kleine Baugröße, hohe Zuverlässigkeit, Flexibilität, viele programmierbare Funktionen, ein schneller garantierter Start-up und eine hohe Integrationsfähigkeit. Zusätzlich sind die MEMS-basierten Taktgeber nach AEC-Q100 zertifiziert bzw. erfüllen die aktuellen Automotive-Standards.

 

FaktorQuarz-OszillatorMEMS-OszillatorFunktionsmerkmale
Frequenzstabilität über den TemperaturbereichMittelOptimal• MEMS bietet ±10 ppm über einen weiten Temperaturbereich
• MEMS erreicht eine überlegene Alterung
GrößeGutOptimal• MEMS bietet eine extrem kleine Grundfläche (1,6 x 1,2 mm)
• branchenführend in der Größenreduktion
ZuverlässigkeitMittelOptimal• MEMS-Wafer in hermetischer Versiegelung
• getrennte Gehäuse für Quarz und ASIC
Close-in Jitter / PhasenrauschenGutMittel• Quarz basierter Oszillator ist überlegen mit reduziertem Close-in-Phasenrauschen
• bei hohem Frequenz-Offset sind MEMS- und Quarz-basierter Oszillator vergleichbar
FunktionenSchlechtOptimal• wählbare Frequenzen an einem Ausgang
• jederzeit OTP-programmierbar bei jeder Frequenz
Start-UpMittelOptimal• MEMS erreicht schnelle Anlaufzeiten (
IntegrationSchlechtOptimal• mehrere Ausgänge eines einzigen Gerätes
• verwendet hochintegrierte ASICs
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