Bei der Entwicklung von Leiterplatten müssen viele Aspekte berücksichtigt werden, um eine optimale Leistung des Endproduktes zu erreichen. Die Wahl des richtigen Taktgebers spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Am gebräuchlichsten sind quarzbasierte Oszillatoren, welche ein Taktsignal mit stabiler Frequenz in Form einer logikkompatiblen Rechteckschwingung erzeugen. Das so erzeugte Signal synchronisiert die anderen elektronischen Bauteile eines Systems und ist damit existenziell wichtig für ein einwandfrei funktionierendes Endprodukt. Allerdings findet oftmals die Langlebigkeit und die Alterung der Komponenten viel zu wenig Beachtung, was jedoch bei Oszillatorschaltungen zu nicht unerheblichen Frequenzfehlern führen kann. Zwar gehören die frequenzgebenden Produkte zu den hochwertigsten Komponenten am Markt für elektronische Bauteile, jedoch ist auch das keine Garantie, dass ihre Leistung unbegrenzt stabil bleibt.
Wie eingangs schon erwähnt, bildet das Herzstück der meisten Oszillatoren kristallines Siliziumdioxid (SiO²), oder einfacher gesagt – Quarz. Mittels Hydrothermalsynthese erfolgt die Quarzzucht aus einer wässrigen Lösung in großen Autoklaven bei Temperaturen zwischen 350 und 400°C und Druck zwischen 100 und 120 MPa. Als Nährstoff werden natürliche Quarzsteine verwendet, die sich unter diesen Bedingungen langsam auflösen. Aufgrund des Temperaturdifferentials, welches in den Autoklaven aufrechterhalten wird, fließt die so entstandene Lösung in die Wachstumszone des Autoklavs, um dort zu reinen Quarzen heranzuwachsen. Mit dieser Methode lassen sich perfekt gezüchtete Quarzkristalle von hoher Reinheit und Qualität erzeugen, welche sich auch für modernste Anwendungen eignen.
Der entstandene Quarzbarren wird anschließend in Wafer geschnitten. Da die Temperaturstabilität des Quarzes durch den Schnittwinkel beeinflusst wird, ist eine präzise Schnittführung von besonderer Bedeutung. Neunzig Prozent aller Quarze werden mit dem so genannten AT-Schnitt gefertigt. Dabei wird der Quarz in einem Winkel von 35° 15‘ zur Z-Achse des ursprünglichen Barrens geschnitten.
Um Quarze (sog. Blanks) zu gewinnen, die den hohen Anforderungen in Bezug auf die Winkelgenauigkeit entsprechen, müssen größere Mengen produziert werden, die dann später kontrolliert und sortiert werden. Quarzblanks, die hier aus der Toleranz fallen, werden für andere Anwendungen mit weniger genauen Spezifikationen genutzt. Sind die Blanks gefertigt, muss der Quarz geschliffen, geläppt, geätzt und poliert werden, bis er die richtige Dicke hat und auf der gewünschten Nennfrequenz schwingt. Ist dies erreicht, kann der Blank in das entsprechende Gehäuse verbaut und einer Endkontrolle unterzogen werden. Wenn nicht alle Arbeitsschritte mit größter Sorgfalt ausgeführt werden, können Absplitterungen, Risse, Kratzer oder Parallelitätsverluste zu Fehlfunktionen wie Störsignalen oder unter Umständen zu plötzlichen Frequenzänderungen führen.
Doch auch nach dem sorgfältigsten Herstellungsprozess gibt es immer noch vier Hauptfaktoren, die Einfluss auf die Stabilität Nennfrequenz eines Quarzes nehmen. Neben der Umgebungstemperatur, der zugeführten Versorgungsspannung und der vom Quarz aufgenommen Leistung (Drive Level) ist die Alterung des Quarzes einer der häufigsten Gründe, warum es in einer Oszillatorschaltung zu Frequenzabweichungen und allenfalls zum Ausfall des gesamten Systems kommt.
Der Begriff Quarzalterung beschreibt ganz einfach eine langfristige Frequenzänderung, die im Laufe der Zeit durch Veränderungen der Umgebung oder des Quarzes selbst hervorgerufen wird. Eine gute Analogie wäre das Einlaufen neuer Schuhe. Anfangs verändert sich die Passform schneller, aber wenn sie eingelaufen sind, passen sie immer besser und fühlen sich gut an.
Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die eine Quarzalterung verursachen können und unterschiedliche Quarze altern unterschiedlich schnell. Einige Faktoren sind bedingt durch den Herstellungsprozess, während andere durch die Art der Verwendung beeinflusst werden. Im Folgenden einige Beispiele, die zu einer stärkeren Alterung und damit zu Abweichungen der Quarzeigenschaften, insbesondere Frequenzdrifts, führen können:
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Faktoren individuell oder in Kombination auftreten können und die Geschwindigkeit der Quarzalterung demzufolge variiert. Ebenfalls sollte man wissen, dass die Frequenzschwankungen keine lineare Funktion aufweisen. Die Frequenz steigt oder sinkt nicht kontinuierlich; sie kann in einem Jahr ansteigen und im nächsten Jahr abnehmen. Ist die Alterung eines Quarzes beispielsweise mit maximal ±5ppm pro Jahr spezifiziert, folgt daraus nicht, dass die Alterung nach 5 Jahren ±5ppm x 5 Jahre, d.h. ±25ppm beträgt. In der Praxis kann eine Alterung von ±5ppm im ersten Betriebsjahr nur ±1ppm bis ±2ppm betragen und sich dann in den folgenden Jahren verringern. Den langfristigen Verlauf eines alternden Quarzkristalls vorherzusagen, gestaltet sich nahezu unmöglich, da selbst Teile, die zur gleichen Zeit und aus derselben Charge Quarz hergestellt wurden, leicht unterschiedliche Alterungsmerkmale aufweisen.
In der Regel folgt die Quarzalterung einer logarithmischen Kurve, wobei die höchste Änderungsrate der Frequenz unmittelbar nach der Herstellung auftritt und dann allmählich abnimmt. Als Richtlinie gilt, dass die größten Veränderungen in den ersten 45 Tagen nach dem Betrieb auftreten. Dennoch ist während der gesamten Lebensdauer des Kristalls eine gewisse Alterung zu beobachten. Um diesen Effekt zu berücksichtigen, werden Artikel mit großzügigen Toleranzen vor der Auslieferung für eine gewisse Zeit, bei besonders hochtoleranten Produkten sogar mehrere Monate, betrieben und somit „vorgealtert“. Sobald sich die Alterungsraten stabilisiert haben, können typische Werte für verschiedene Quarztypen angegeben werden.
Wenn der Quarzkristall in der gleichen Schaltung und bei der gleichen Temperatur betrieben wird, können sich die Alterungseffekte nach einigen Betriebsjahren stabilisieren. Wenn jedoch die Schaltung oder die Temperatur geändert wird, kann sich auch die Alterungsrate ändern.
Um den Grad der Alterung sowohl während der Herstellung als auch während der Nutzung zu minimieren, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden.
Die Reinheit der Quarzumgebung ist eine der entscheidenden Faktoren zur Verringerung der Alterung. Daher ist es von größter Bedeutung sicherzustellen, dass das Gehäuse oder die Verkapselung des Quarzes in keinster Weise beschädigt wird. Die Dichtung sollte intakt bleiben und eventuelle Pins sollten nicht verbogen werden, um eine Beschädigung der Dichtung zu vermeiden.
Während des Herstellungsprozesses sollten die Quarze in einer Inertgasumgebung eingeschlossen werden. Darüber hinaus sollten die letzten Schritte der Quarzblankvorbereitung so präzise wie möglich durchgeführt werden. Aus diesem Grund wird der Blank nicht mechanisch bearbeitet, sondern chemisch geätzt, um ihn auf die erforderlichen Abmessungen zu bringen. Dadurch wird das Kristallgitter so wenig wie möglich gestört und das Eindringen von Verunreinigungen, die im Laufe der Zeit zu einer Alterung führen könnten, verringert.
Um die Alterung zu minimieren und sicherzustellen, dass die Spezifikationen eingehalten werden, sind ebenfalls präzise Messungen entscheidend. Hierfür gibt es verschiedene Methoden, die einen Kompromiss zwischen Zeit, Kosten und Genauigkeit ermöglichen. Die tatsächliche Alterung eines Quarzes kann nur gemessen werden, indem er in eine Schaltung integriert wird und die Frequenz über die gesamte Lebensdauer des Produkts hinweg gemessen wird. Da dies in der Praxis jedoch nicht durchführbar ist, muss eine Methode her, mit der eine Lebensdauer von 10 oder 20 Jahren simuliert werden kann. Dies wird durch die beschleunigte Alterung bei erhöhter Temperatur, das sogenannte Backen des Quarzes, erreicht. Durch eine gezielte Erhöhung der Temperatur über die normale Betriebstemperatur hinaus, lässt sich die Alterung von Kristallen beschleunigen. In militärischen Spezifikationen wurden beispielsweise Temperaturen von 85°C für 30 Tage und 105°C für 168 Stunden als äquivalent für ein Jahr bei einer Betriebstemperatur von 25°C verwendet. In anderen Industrienormen wird häufig eine Alterung bei 85°C für 1.000 Stunden im ersten Jahr vorgesehen. Die Genauigkeit des Tests ist besser, wenn er über einen längeren Zeitraum bei niedrigeren Temperaturen durchgeführt wird.
Nachdem die Zeit- und Temperaturparameter festgelegt wurden, stellt sich die Frage, wie die Daten erfasst werden sollen. Die erste Methode ist die passive Alterung. Hierbei werden die Komponenten in einer Serienfertigung hergestellt und vor und nach dem Backen bei Raumtemperatur im Messsystem gemessen. Diese Methode ist kostengünstig, geht jedoch zu Lasten der Genauigkeit. Mit der passiven Alterung können Ausreißer erkannt werden und sie dient als Prozesskontrolle, die in der Herstellung auf mögliche Probleme hinweist.
Die zweite Methode ist die aktive Alterung. Dabei wird jede Quarzeinheit in eine Oszillatorschaltung integriert, sodass Frequenzmessungen während der Aufenthaltszeit im Ofen durchgeführt werden können. Die Messungen können mehrmals täglich erfolgen, wodurch für jede Einheit eine Datenkurve erstellt werden kann. Diese Kurve kann mathematisch angepasst und über die Zeit projiziert werden, was eine langfristige Vorhersage ermöglicht. Die aktive Alterungsmethode führt zu einer höheren Genauigkeit, geht jedoch mit höheren Kosten einher. Ein weiterer Vorteil der aktiven Alterungsmethode besteht darin, dass sie die Auswirkungen des Drive Levels berücksichtigt. Wenn der Quarz während der Prüfung aktiv in Schwingung versetzt wird, entspricht dies eher den realen Betriebsbedingungen. Bei der passiven Alterung hingegen wird der Kristall während der Prüfung nicht angeregt.
Da Quarz ein natürlicher Rohstoff ist, lässt sich seine Alterung nie ganz vermeiden. Aus diesem Grund kann es notwendig sein, Methoden zur präzisen Feinjustierung der Frequenz in Schaltungen vorzusehen, wenn eine hohe Frequenzgenauigkeit von größter Bedeutung ist. Ebenso ist eine regelmäßige Kalibrierung erforderlich, wenn eine präzise Frequenzgenauigkeit wichtig ist. In vielen Anwendungen ist dieses Problem möglicherweise auch gar nicht von großer Bedeutung und die Auswirkungen sind kaum wahrnehmbar oder zu vernachlässigen.
Beim Entwurf einer Schaltung mit einem Quarz oder Oszillator sollte der Anwender in der Regel wissen, welche Stabilitätswerte über einen bestimmten Zeitraum erreicht werden müssen. Die Bedeutung der Alterung nimmt dabei zu, je geringer die Toleranz und/oder Stabilität des Quarzes ist. Wenn zum Beispiel ein TCXO (temperaturkompensierter Quarzoszillator) mit einer Temperaturstabilität von ±1 ppm verwendet wird, muss die Alterung auf niedrige Werte begrenzt werden. Wenn jedoch das gesamte Design eine Toleranz von ±200 ppm aufweist und ein Quarzbaustein mit einer Nennleistung von ±100 ppm verwendet wird, kann eine geringfügige Alterung praktisch vernachlässigt werden.
Unterstützung bei der Auswahl des, sowohl technisch als auch wirtschaftlich gesehen, idealen Taktgebers für Ihr System, bieten die Spezialisten der WDI AG. Ob Neu-Design oder Re-Design – schon ab dem Design-In sind wir behilflich, zeigen baugleiche Alternativen und „Second Sources“ auf und empfehlen besonders gängige Bauformen und Spezifikationen. Von der Erstbemusterung und eventuell notwendigen Schaltungsanalyse, über die Prototypen- und Vorserienbelieferung bis hin zur klassischen Distributionsdienstleistung während der Serienfertigung. Mit unserem Quarzfinder bieten wir dem Anwender ein nützliches Online-Suchwerkzeug um ihn aktiv bei der Auswahl des für ihn richtigen Quarzes, Resonators, Oszillators oder Real-Time-Clock-Moduls zu unterstützen. Unter www.quarzfinder.de sind mehr als 1.000 Produkte inklusive der dazugehörigen Datenblätter zu finden. Auf einen Blick erhält der Interessent sämtliche bei WDI erhältlichen Frequenzgeber, aufgelistet nach Spezifikationen. Neben der Möglichkeit, nach vorhandenen Spezifikationen zu filtern, wird die Produktsuche zusätzlich durch die Recherchefunktion „Cross-Reference“ erleichtert. Anhand des Herstellers bzw. Anbieters oder der Produktserie werden alle bei WDI verfügbaren baugleichen Alternativen aufgezeigt.
Dieser Artikel ist in elektronik industrie Ausgabe 10/2023 erschienen.
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